§. 70. Das Frankenreich.
187
Ii. Das Mittelalter.
1. Das Frankenreich.
$. 70. Das von Chlodwig gestiftete Reich der Franken (Z. 67)
hatten seine vier Söhne unter sich getheilt und durch Erobe-
rung von Thüringen und Burgund erweitert, so daß es bis
in die Mitte Deutschlands hineinreichte. Da aber die frän-
kischen (merovingischen) Könige bald in Schwäche verfielen
und sich einem unthätigen Leben Hingaben, so kam die Gewalt
an den Majordomus oder Hausmeyer (d. i. Aufseher des
königlichen Gefolges und der königlichen Privatgüter), und
einer derselben, Pipin von Herstall, brachte zuletzt diese
Würde in allen fränkischen Neichstheilen an sich und machte
sie in seiner Familie erblich; sein Sohn Carl Mtartell
aber war es, der die in das Frankenreich eindringenden
Araber
782 in der Schlacht zwischen Tours und Poitiers
besiegte, und dadurch vie abendländische Christenheit aus
der Gefahr, vom Islam unterdrückt zu werden, für immer
befreite.
Der Sohn desselben, Pipin der Kleine (oder Kurze),
regierte so unumschränkt, daß er mit Bewilligung des frän-
kischen Adels und im Einverständnisse mit dem Papste
732 den letzten Merovinger Childerich Iii absetzen und sich
selbst die fränkische Krone ertheilen ließ. Dieß
Ereigniß war sowohl für den fränkischen Thron, als auch
für den römischen Stuhl wichtig: beide liehen durch ihr
Ansehen einander festeren Bestand.
Denn die römische Kirche hatte unterdessen im Franken-
reiche große Ausdehnung erlangt, besonders durch die Be-
mühungen der christlichen Missionäre, welche aus
Irland, wo die Lehre vom Kreuz schon seit 423 durch
Patrik —, und aus England, wo sie durch den Mönch
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$. 72. Das Kaiserthum und das Papstthum. 193
europäische Würde, die von da an immer bei den deut-
schen Königen blieb, wurde durch seine kraftvolle Per-
sönlichkeit zu einer Macht und Bedeutung erhoben, wie sie
nachher in diesem Umfange nicht mehr erschien.
Gleich sein Sohn Otto Ii und sein Enkel Otto Iii, noch
mehr Heinrich Ii der Heilige, ein Großneffe Otto's I, waren
der Aufgabe eines deutschen Kaisers, der nun sowohl in
Deutschland, als auch in Italien mit so vielen widerspenstigen
Vasallen zu kämpfen hatte, nicht gewachsen — Von den
sächsischen Kaisern, besonders von den wissenschaftlich gebildeten
Ottonen, gieng ein günstiger Einfluß auf Deutschlands Bil-
dung durch den eifrigern Betrieb der Wissenschaften aus,
welche seit Karl dem Großen wieder ganz in Verfall ge-
rathen waren, und nun besonders in den von den Ottonen
vermehrten Dom- und Stiftsschulen, in welchen man schon
verschiedene Klassiker las, gepflegt wurden.
3. Die Übermacht der Kirche über die
weltlichen Ncichc.
L. Das Kaiserthum und das Papstthum.
72. Men wesentlichsten Einfluß auf den allgemeinen Zustand
in Europa hatte im Mittelalter das gegenseitige Verhältniß
des Kaiserthums und des Papstthums. Kaiser und Papst
hatten, von Begründung ihrer Stellung an, die Aufgabe er-
halten, sich in Bezug auf die Führung und Erziehung der
Völker gegenseitig zu ergänzen, und durch einträchtiges Zu-
sammenwirken mitten im Kampfe der Leidenschaften, in wel-
chem die Kräfte der Völker sich verzehrt hätten, diejenige Ruhe
und Ordnung zu halten, welche zur Entwicklung des Guten
nöthig ist.
Der Kaiser sollte darum der Wächter des heiligen Rechts
13
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Extrahierte Personennamen: Otto Otto Heinrich Heinrich Karl_dem_Großen Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Deutschlands Europa
232
§. 84. Das griechische Kaiserthum.
Beförderung der Künste, des Landbaus und der Gewerbe.
Nach ihm sank Ungarns Größe und die Magnaten rissen
alle Gewalt an sich.
8. Das griechische Kaiserthum.
84. Nachdem das oftrömische und griechische Reich (s. 8-68
a. A.) unter Jnstinian's Regierung (527—565) seine
glänzendste Zeit gehabt hatte, verlor es nach Innen und
Außen mehr und mehr von seiner Macht. Dem Kaiser He-
raklius gelang es zwar 627 gegen die Perser die alten
Gränzen herzustellen; doch theils die schon §. 68 berührten
Religionsstreitigkeiten (besonders der durch Leo denjsau-
rier 726 erregte und über hundert Zahre lang dauernde
Bilderstreit), theils die immer weiter um sich grei-
fende Macht der Araber, von welchen sogar zweimal Con-
stantinopel belagert wurde, schwächten und minderten das
Reich, einzelner Erholungen ungeachtet, immer mehr.
Von 867—1056 wurde das griechische Reich von Kai-
sern aus dem Hause Basilius des Macedoniers re-
giert, von denen Basilius selbst, dann sein Sohn Leo Vi
(obgleich er Sicilien an die Araber verlor), ferner der ge-
lehrte Constantinusporphorogenitus, Nicephörus
(dessen Tochter an den deutschen Kaiser Otto Ii vermählt
wurde) und Basilius Ii (der die Bulgaren gänzlich unter-
warf) die wichtigsten waren.
Dann kamen diejenigen Kaiser, welche größtentheils aus
dem Hause der Komnenen waren, indem Isaak I
K o m n e n u s von dem Heere auf den Thron erhoben wurde.
Zsaak'ö nächste Nachfolger verloren die asiatischen Besitz-
ungen an die Seldschucken; aber sein Neffe Alexiusl
Komnenus (1081 —1118) hielt wenigstens das weitere
Vordringen der Seldschucken im Osten und die Angriffe der
Normannen im Westen (von Sizilien her) ab, beendete die
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Extrahierte Personennamen: Leo_denjsau- Leo Basilius Leo_Vi Leo Constantinusporphorogenitus Otto Isaak Isaak Alexiusl
Komnenus
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§. 70. Das Frankenreich.
Augustin seit 596 tieft Wurzeln geschlagen hatte, herüber-
kamen und durch Errichtung von Kirchen und Klöstern das
Chriftenthum in Deutschland pflanzten. Unter
diesen christlichen Sendboten war es besonders Bonifa-
cius (Winfried), dieser große „Apostel der Deutschen", der
nicht nur mit unermüdetem Eifer und der größten Selbst-
aufopferung das Chriftenthum den heidnischen Friesen und
Hessen, so wie den früher bekehrten Thüringern und
Bayern verkündigte, sondern auch alle Kirchen und Vis-
thümer, die er im Frankenreiche theils gegründet, theils ge-
ordnet hatte, in nähere Verbindung mit dem römischen Stuhle
brachte, wodurch sie damals allein im Stande waren, sich
vor heidnischer Verderbniß und vor sectireri-
scher Ausartung zu schützen.
Dadurch hatte die römische Kirche schon solche Macht
über die Gemüther der Franken gewonnen, daß Pipin ohne
Beistand des Papstes nicht leicht seinen Zweck erreicht hätte.
Anderseits war der päpstliche Stuhl in Rom durch die ab-
wechselnden Angriffe der Lombarden und des oströmischen
Statthalters in Ravenna oft im größten Gedränge, so daß
er der durch Pipin bewirkten Thronverändcrung gerne die
kirchliche Weihe ertheilte, da vorauszusehen war, daß die
fränkischen Könige aus Pipins Geschlecht, welches bisher die
Sache des Christenthums und der Kirche thätigst befördert
hatte, die kräftigsten Stützen des römischen Stuhls seyn wür-
den. Auch war Pipin dankbar, indem er bald darauf dem
Papste gegen die Lombarden half, ihnen die oströmische
Statthalterschaft Ravenna, die sie eben besetzt hatten,
abnahm, sie dem römischen Stuhle schenkte und dadurch den
Grund zum nachmaligen K i r ch e n st a a t e legte.
Von Pipin's beiden Söhnen, Karlmann und Karl,
unter die er vor seinem Tode das Reich theilte, wurde nach
Karlmann's frühem Tode
T71 Karl der Große Alleinherr der Franken, ein
gewaltiger Geist, der durch seine Thaten als Feldherr und '
Regent die Bewunderung der Mit- und Nachwelt errang.
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Extrahierte Personennamen: Winfried) Winfried Karlmann Karlmann Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Hessen Rom Ravenna Ravenna